Kein Raum für sexualisierte Gewalt und Grenzverletzungen
Das Salvador-Allende-Haus ist ein Ort, an dem Kinder und Jugendliche, ohne Leistungsdruck lernen und „ohne Angst verschieden sein“ können. Als Landes- und Bundes-Bildungsstätte der SJD-Die Falken, orientiert sich unser Leitbild am Selbstverständnis des Verbandes. Das Bestreben zu einer freien, demokratischen und sozial gerechten Gesellschaft steht dabei im Mittelpunkt. Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene sollen durch gelebte Partizipation die Chance erhalten, als mündige und kritische Persönlichkeiten aufzuwachsen. Sie werden gestärkt, ihre Anliegen und Wünsche zu formulieren sowie Ungerechtigkeiten oder grenzverletzendes Verhalten zu benennen.
Das Salvador-Allende-Haus hat ein Schutzkonzept gegen sexualisierte Gewalt. Die wesentlichen Faktoren für den Schutz von Kindern, Jugendlichen und allen anderen Menschen in unserer Bildungsstätte vor (sexualisierter) Gewalt sind unsere klare Haltung gegen sexualisierte Gewalt, sowie die institutionelle Verankerung von Präventions- und Interventionsansätzen.
Klare Positionierung gegen sexualisierte Gewalt
Das Salvador Allende Haus operiert in seiner pädagogischen Arbeit nach dem Konzept der Parteilichkeit mit den Betroffenen sexueller Gewalt. Parteilichkeit bedeutet für uns, Kindern und Jugendlichen und anderen Betroffenen, die uns von Erfahrungen sexualisierter Gewalt berichten, bedingungslos unterstützend zur Seite zu stehen, ohne ihre Aussagen in Zweifel zu ziehen oder ihnen eine Mitschuld an den Geschehnissen zu unterstellen.
Diese Haltung kommunizieren wir nach Außen und nach Innen. Wir arbeiten verbandsintern und extern in Arbeitsgruppen zum Thema sexualisierte Gewalt mit und sorgen dafür, dass die Arbeit gegen sexualisierte Gewalt an Bedeutung gewinnt.
Analyse von Risikofaktoren
Im September 2020 wurde durch den Vorstand des Salvador Allende Hauses eine Gefährdungsanalyse zur Ermittlung der Risikopotentiale in Auftrag gegeben, die durch eine ausgebildete Fachkraft für Prävention sexueller Gewalt in der Kinder- und Jugendarbeit durchgeführt wurde. Sie stellt die Basis für das Schutzkonzept dar und wurde herangezogen, um Beschlüsse zu fassen, anhand derer im Salvador Allende Haus Schutzmaßnahmen und Präventionsarbeit implementiert werden.
Regeln für einen grenzachtenden Umgang miteinander
Eine Kultur der Grenzachtung ist das tragende Grundprinzip für die Prävention sexualisierter Gewalt. Um diese Kultur zu etablieren, braucht es Regeln, die von allen beachtet und gelebt werden. Diese Regeln gelten für Mitarbeiter*innen, Teilnehmer*innen und alle Gäste unserer Bildungsstätte. Die Kultur der Grenzachtung beinhaltet Fehlerfreundlichkeit, sowie Raum für Feedback und Kritik. Somit bietet sie die Möglichkeit Fehlverhalten offen anzusprechen und dieses zu reflektieren und zu ändern.
Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter*innen
Um das Schutzkonzept des Salvador-Allende-Hauses langfristig in der Kultur der Einrichtung zu etablieren, ist es wichtig, dass die Mitarbeiter*innen aller Bereiche qualifiziert werden, um es kompetent vertreten zu können. Zudem achtet das Salvador-Allende-Haus bei der Auswahl derjenigen, die in der Einrichtung arbeiten, darauf, dass diese zum einen nicht einschlägig vorbestraft sind und zum anderen das notwendige Selbstverständnis mitbringen, es als ihre Aufgabe zu betrachten, den Schutz von Kindern und Jugendlichen und allen weiteren Nutzer*innen des Haus vor sexualisierter Gewalt zu gewährleisten.
Präventionsmaßnahmen
Die Prävention sexualisierter Gewalt ist ein Querschnittsthema und wird in allen Bildungsangeboten des Salvador-Allende-Hauses beachtet. Die pädagogische Arbeit zielt darauf ab Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen die Kompetenz zu vermitteln, ihre eigenen Bedürfnisse und Interessen zu erkennen und zu vertreten. Unsere Arbeit beinhaltet zudem konkrete Instrumente der Prävention sexualisierter Gewalt, wie Sexualpädagogik und Antidiskriminierungsarbeit.
Beschwerdemanagement
Um eine größtmögliche Transparenz für die Nutzer*innen des Hauses bezüglich des Schutzkonzeptes zu schaffen, sind Beschwerdewege festgelegt worden, auf denen sich Personen melden können, die etwas beobachtet oder erlebt haben. Es wurden dahingehend Verantwortlichkeiten festgelegt, wer diese Beschwerden bearbeitet. Hier wird mit dem 4-Augen-Prinzip gearbeitet, sodass keine Beschwerde über einzelne Personen aus dem Umlauf genommen werden können.
Vereinbarungen zum Umgang mit (Verdachts-)Fällen
Der Interventionsplan enthält eine festgelegte Verfahrensregelung mit klaren Orientierungshilfen zur Intervention im (Verdachts-)Fall sexualisierter Gewalt. Er reduziert einerseits die Gefahr von Übergriffen und gibt Verantwortlichen (Mitarbeiter*innen und Honorarteamer*innen) Sicherheit im Umgang mit (Vermutungs-)Fällen sexualisierter Gewalt. Die Verantwortung für eine Intervention liegt bei der Fachkraft der Bildungsabteilung und der Leitungsebene des Salvador-Allende-Hauses (Geschäftsführung und Vorstand).
Kooperation mit externen Fachberatungsstellen
Für die Evaluation und Weiterentwicklung des Schutzkonzeptes und für die Intervention in konkreten Fällen, nimmt das Salvador-Allende-Haus die Beratung von externen Fachberatungsstellen in Anspruch.
Unsere Präventionsarbeit basiert auf der Grundlage der Überzeugung, dass sexualisierte Gewalt nicht im luftleeren Raum entsteht, sondern auf patriarchalen und kapitalistischen Machtstrukturen basiert. Die Verbindung zu sexualisierter Gewalt lässt sich anhand einer „Gewaltpyramide“ illustrieren: Die Pyramide basiert auf kapitalistischen Unterdrückungsmechanismen, dem Patriarchat und der strukturellen Benachteiligung von Kindern und Jugendlichen. Diese bilden das Fundament für die daraus entstehenden Gewaltformen.
Sexualisierte Gewalt wird begünstigt in einer Gesellschaft, die...
...auf einer konservativen Gesellschaftsordnung basiert, in der Mädchen und Frauen gegenüber Jungen und Männern strukturell benachteiligt sind,
...durch ein kapitalistisches Wirtschaftssystem Armut und Ungleichheit und somit Abhängigkeiten und Machtgefälle schafft,
...Kindern und Jugendlichen wenig Möglichkeiten von Selbstbestimmung und gesellschaftlicher Teilhabe einräumt.
In solch einer Gesellschaftsform dominieren Heteronormativität und traditionelle, binäre Geschlechterrollen als verankertes Muster. Auf dieser Grundlage werden bestimmte Arten der Gewalt gesellschaftlich eher akzeptiert. Somit wird ein Klima geschaffen, in dem Grenzüberschreitungen zunehmend normalisiert und die agierenden Individuen an immer geringere Hemmschwellen herangeführt werden. Wenn beispielsweise eine diskriminierende Sprache oder ein sexualisiertes Klima von handelnden Akteur*innen akzeptiert und nicht sanktioniert wird, ist die Schwelle zu verbalen und körperlichen Grenzüberschreitungen, wie Belästigung oder Grabschen geringer. Diese Pyramide führt über Vergewaltigung und sexuelle Gewalt gegen Kinder bis hin zu politischer Verfolgung, Femiziden und sonstigen Morden. Von der gesellschaftlichen Meta-Ebene lässt sich diese Pyramide oder Spirale ebenfalls auf die Meso- und Mikro-Ebenen von Organisationen oder auch Familien übertragen.
Ausufernde Gewalt ist dabei nur die „Spitze des Eisbergs“, die sich aber ohne das beschriebene Fundament nicht vergleichbar entwickeln würde.
Eine andauernde Debatte im Bereich der Präventionsarbeit ist die Frage nach der angemessenen Wahl von Begrifflichkeiten, die eng mit der Machtperspektive verbunden ist. Die SJD – Die Falken hat sich in ihren Publikationen eingehend mit dieser Frage auseinandergesetzt. Wir vermeiden daher den (juristische) Begriff des sexuellen Missbrauchs. Stattdessen verwenden wir den Begriff sexuelle/ sexualisierte Gewalt. Für die Verwendung des Begriffs „sexualisiert“ spricht die Analyse, dass sexuelle Übergriffe meist nicht den sexuellen Bedürfnissen des Täters, sondern dem Wunsch nach Machtausübung gegenüber Schwächeren entspringen. Allerdings sind die Handlungen für die Betroffenen durchaus reale sexuelle Handlungen, die gegen ihren Willen an ihnen ausgeübt werden. Um diese Debatte nicht die wesentlichen Fragen überschatten zu lassen, verwenden wir beide Begriffe synonym.
Eine Kultur der Grenzachtung ist das tragende Grundprinzip für die Prävention sexualisierter Gewalt. Diese beinhaltet Fehlerfreundlichkeit und bietet Raum für Feedback und Kritik. Anregungen und auch Beschwerden geben uns die Möglichkeit unsere Praxis zu überprüfen um somit die Qualität unserer Arbeit zu sichern oder auch zu verbessern. Wir haben daher verschiedene Wege eingerichtet, uns ein Feedback zu geben:
- persönlich, telefonisch oder per E-Mail direkt an die zuständigen Mitarbeiter*innen oder die Geschäftsführung → Team
- online über das Kontaktformular
- vor Ort über unseren "Lob und Kritik" Fragebogen, den jede Gruppe bei der Anreise bekommt
Personen, die sexualisierte Gewalt im Salvador-Allende-Haus beobachtet oder erlebt haben, haben mehrere Möglichkeiten dies zu melden:
per Mail oder Telefon an die Ansprechpersonen
über das Kontaktformular
anonym über diese Seite (siehe unten)
Karla Presch
Fachkraft für Prävention und Intervention im Themenfeld sexualisierter Gewalt
Tel.: (0 23 68) 69 06-54
Martin Töben
Geschäftsführung
Hilfe-Portal sexueller Missbrauch
Das Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch ist das zentrale Bundesportal zu Hilfsangeboten für Menschen, die in ihrer Kindheit oder Jugend sexuelle Gewalt erlitten haben und deren Angehörige. Das Angebot richtet sich vorrangig an Erwachsene. Doch auch Kinder und Jugendliche finden hier Informationen, die auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. Daneben bietet das Portal Informationen für Fachkräfte.
Hilfe-Telefon sexueller Missbrauch
Unter der Nummer 0800 22 55 530 ist das Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch montags, mittwochs und freitags von 9:00 bis 14:00 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 15:00 bis 20:00 Uhr bundesweit, kostenfrei und anonym erreichbar. Das Hilfe-Telefon ist eine Anlaufstelle für Menschen, die Entlastung, Beratung und Unterstützung suchen, die sich um ein Kind sorgen, die einen Verdacht oder ein "komisches Gefühl" haben, die unsicher sind und Fragen zum Thema stellen möchten.
Hilfe-Telefon Gewalt gegen Frauen
Frauen, die von sexualisierter Gewalt betroffen sind, können sich bei all ihren Fragen unter der Nummer 0800 116 016 an das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" wenden. Das Hilfetelefon stellt auch den Kontakt zu Unterstützungseinrichtungen in der Nähe her. Verwandte, Freund*innen sowie Fachkräfte können sich ebenso beraten lassen.
Ansprechpartnerin
Karla Presch
Fachkraft für Prävention und Intervention im Themenfeld sexualisierter Gewalt
Tel.: 02368-6906-54